VON JOHANN BAUMANN
Bad Aibling – „Mit Zamma Neues entwickeln“ – diese Aussage des Bezirkstagspräsidenten Josef Mederer zur Festivaleröffnung passte haargenau auf das Format „Aibling spricht“. Pfarrer Markus Merz hatte zu der Veranstaltung ins evangelische Gemeindehaus eingeladen und eingangs festgestellt: „Für die Gesprächsrunde brauchen wir Menschen wie du und ich.“
Über Privates und Berufliches
Auf der Bühne berichteten Personen über ihr privates oder berufliches Leben, teilten persönliche Ansichten, Erfahrungen und Gedanken mit dem Publikum und spiegelten damit die Vielfalt der Bad Aiblinger Gesellschaft wider. Zum Thema „Inklusion“ sprach Altbürgermeister Felix Schwaller. „Wir reden in Aibling nicht nur von der Inklusion, wir machen sie seit Jahrzehnten“, konstatierte er.
Seine Aufzählung erstreckte sich von der als „Sonderschule“ gegründeten Rupert-Egenberger-Schule über die „Raphael-Schule“ und den Verein „Mut & Courage“ bis zur „Aiblinger Tafel“, dem „Kreis Migration“ hin zur inklusiven Kletterhalle. „Ich bin stolz und froh über eine Gesellschaft, die so stark zusammenhält, die nicht nur von Inklusion redet, sondern sie auch lebt“, unterstrich er.
Den Frieden, „in dem wir als Privileg seit 77 Jahren leben dürfen“, stellte die ehemalige Chefärztin der Romed-Klinik, Dr. Kristina Koltermann, in den Mittelpunkt ihrer Ausführungen. Anhand der Lebensläufe ihres Urgroßvaters, ihres Großvaters und Vaters und der sie begleitenden Kriege machte sie klar, dass Friede nicht selbstverständlich sei. „Wir müssen ständig daran arbeiten, beginnend im Kleinen bei uns selbst“, betonte sie.
„Vor sechs Jahren war ich ein seelisches Wrack“ – dieses erschütternde Bekenntnis stellte Nathalie Stüben an den Beginn ihrer „Lebensbeichte“. Die nach außen hin erfolgreiche Journalistin war alkoholabhängig mit nicht regelmäßigen, aber exzessiven Trinkgewohnheiten. „Mein Spiegelbild am Morgen verachtete und verhasste ich“, gestand sie. Ein Tag im Juni 2016 brachte den Umschwung. „Ich musste mein ganzes Leben auseinandernehmen und wieder zusammenbauen“, schilderte Stüben. Nach Gefühlen wie Scham und Schuld seien dann Freude, Lebenslust und Leichtigkeit in einer Aufwärtsspirale wieder zurückgekehrt. Sie ist inzwischen verheiratet und hat zwei Kinder.
Ein weiterer Redner, Kurdirektor Thomas Jahn, macht seit 37 Jahren Tourismus und Kultur. „Ich wollte nie etwas anderes machen“, verriet er und ging zunächst auf die letzten 24 Monate ein. Angesichts leerer Supermarktregale habe er nicht den Eindruck gewonnen, dass die Menschen in dieser Zeit zusammengerückt sind. „Was ist da mit uns passiert?“ Kultur verbinde die Menschen und es sei unglaublich wichtig, wenn Menschen anfangen, etwas gemeinsam zu schaffen und Spaß miteinander zu haben. Er brenne mit Leidenschaft und Begeisterung dafür, „nie still zu stehen und immer wieder etwas Neues zu suchen, trotz bürokratischer Hürden“. Am Abend beispielsweise nach einem Bürgerfest mit 11000 Besuchern festzustellen: „Es war toll – das ist, was mich glücklich macht und antreibt, weiter dieser Stadt zu dienen“, bekannte er.
Unter der Corona-Pandemie hatte auch Eugen Schneider zu leiden. Der Aiblinger Musikgeschäftsinhaber führt zudem für die Aib-Kur etwa Tai-Chi-Stunden durch. „No work, no cash“, war für ihn die Folge der eingeschränkten Bewegungsaktivitäten.
Er machte sich Gedanken zum Thema „Loslassen“ und beschäftigte sich mit der Idee, sein Ladengeschäft um einen Buchhandel zu erweitern („das eine bedingt das andere“). Jedoch müsse man nicht alles, was machbar ist, umsetzen. „Ist es jedoch stimmig für mich, für meine Familie und für meine Umwelt, stehe ich dahinter, dann geht mein Herz auf und es kann losgehen“, befand er.
Geschäftssinn und Ehrenamt
Dr. Erich Prinz von Lobkowicz ist dagegen in erster Linie bekannt als Geschäftsführer der Schlossbrauerei Maxlrain. Doch der studierte Philosoph und Sinologe hat eine weitere Leitungsfunktion inne: Er engagiert sich seit 1990 bei der Deutschen Assoziation des Malteserordens und ist seit 2006 ihr Präsident. Im Mittelpunkt stehe das Erlebnis zu helfen. Ziel sei es, jeden Mitarbeiter und die von ihnen Betreuten „in das Licht Jesu“ zu führen. „Das ist heute eine unbewältigbare Aufgabe“, bedauerte er.